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100 Tage Schwarz-Rot: SoVD zieht kritische Bilanz

Der SoVD sieht Licht und Schatten in der Sozialpolitik. Michaela Engelmeier fordert den Bundeskanzler zu einem Sozialgipfel auf.

Reichstagsgebäude in Berlin bei Sonnenschein von der gegenüberliegenden Spreeseite aus fotografiert.
Von Sommerruhe ist im Bundestag derzeit wenig zu spüren. Nach 100 Tagen hat die Regierung viele Baustellen zu bewältigen. Foto: Pawel Pajor / Adobe Stock

Interner Streit, zurückgenommene Wahlversprechen und ausbleibende Reformen: Für die Bundesregierung aus Union und SPD war es ein holpriger Start in die gemeinsame Regierungszeit. Nach 100 Tagen zeigt sich das auch in den Umfragen. Während die Demoskopen sinkende Werte für CDU und SPD ermitteln, ist auch die Zufriedenheit mit der Regierungsarbeit nach gerade einmal 100 Tagen auf einem Tiefpunkt angekommen.

Auch der SoVD kritisiert die bisherige Arbeit der Bundesregierung, sieht aber zugleich Schritte in die richtige Richtung. In vielen sozialpolitischen Bereichen gibt es aus Sicht des Verbandes noch großen Handlungsbedarf.

SoVD: Sicherung des Rentenniveaus nicht ausreichend

In der Rentenpolitik begrüßt der SoVD die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent zumindest bis 2031 und die Angleichung der Kindererziehungszeiten durch die Ausweitung der Mütterrente. Die 48 Prozent sind nach Einschätzung des SoVD jedoch nicht ausreichend, um Altersarmut zu verhindern. Dafür bräuchte es eine Anhebung auf 53 Prozent. Mit Sorge betrachtet der Verband die Debatten um die Erhöhung der Regelaltersgrenze für die Rente. Viel wichtiger wäre es, dass die Menschen überhaupt bis zum Renteneintritt gesund bleiben. Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier hält außerdem fest: „Positiv ist der Vorstoß von Ministerin Bärbel Bas, alle Erwerbstätigen, auch Beamtinnen und Beamte, in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.“

Ein großes Thema im Wahlkampf war das Bürgergeld. Auch die Regierung hat sich vorgenommen, hier Änderungen vorzunehmen und es zu einer „neuen Grundsicherung“ umzugestalten. Der SoVD warnt dabei vor einer Scheindebatte und Populismus auf dem Rücken von Grundsicherungsbeziehenden. Michaela Engelmeier betont: „Statt die Ärmsten gegeneinander auszuspielen, braucht es eine gerechte Steuerreform, bei der starke Schultern mehr Verantwortung übernehmen.“

Behindertenpolitisch drohen Rückschritte

Die Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung ist eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Hierzu sollen Kommissionen Reformvorschläge erarbeiten. Um kurzfristig deutliche Beitragserhöhungen abzuwenden, hat die Bundesregierung Darlehen für die Kassen beschlossen. Der SoVD wünscht sich hier dauerhafte Entlastungen und Zuschüsse. Ganz oben auf die Agenda gehören aus Sicht des Verbandes außerdem Maßnahmen zur Begrenzung der Eigenanteile in der Pflege.

Eine große Leerstelle in den 100 Tagen unter Kanzler Merz ist die Politik für Menschen mit Behinderungen. Zwar wurde eine Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes im Sofortprogramm verabredet, geschehen ist dafür jedoch noch nichts. Alarmierend ist für den SoVD hingegen, dass der Bundeskanzler Einsparungen bei der Eingliederungshilfe prüft, obwohl diese essenziell für die Teilhabe an Bildung, Arbeit und Gesundheit ist. Einschnitte würden eine Torpedierung der UN-Behindertenrechtskonvention bedeuten.

SoVD fordert Sozialgipfel im Kanzleramt

Insgesamt sieht der SoVD bei der Sozialpolitik Licht und Schatten. Einige Schritte gehen in die richtige Richtung, aber es fehlt an Mut für echte soziale Gerechtigkeit. Gerade bei Pflege, Gesundheit, Rente und der Armutsbekämpfung braucht Deutschland nachhaltige Reformen für die Zukunft. 

Um gegen die Spaltung im Land und das Erstarken rechtsextremer Kräfte vorzugehen, braucht es aus Sicht des SoVD eine gemeinsame Kraftanstrengung. „Ich fordere Bundeskanzler Friedrich Merz daher zu einem Sozialgipfel auf, bei dem Verbände von Anfang an beteiligt werden, um tragfähige Lösungen für die Belange, Sorgen und Nöte der Menschen in unserem Land zu entwickeln“, wendet sich die SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier an den Bundeskanzler.