Nachdem ver.di-Vorständin Rebecca Liebig alle in der ver.di-Bundesverwaltung begrüßt und das Thema aufgefächert hatte, ging es in Vorträgen und Debatten um die Benachteiligung von Frauen – am Arbeitsmarkt, bei der unbezahlten Sorgearbeit und dadurch bei den Alterseinkünften. So sind heute zwar 78 Prozent der Frauen in Deutschland erwerbstätig. Doch über die Hälfte arbeitet in Teilzeit; mit Folgen für die Rente. Ein Hauptgrund: 43,4 Prozent mehr Zeit als Männer verbringen Frauen täglich mit unbezahlter Sorgearbeit.
Daher bewerteten die Teilnehmenden die Eckpunkte des Koalitionsvertrages zur Alterssicherung aus frauenpolitischer Sicht. Sie fragten: Wie lässt sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen? Was verbessert die Rahmenbedingungen für Menschen mit Sorgeverantwortung? Was will die neue Koalition gegen Altersarmut gerade von Frauen tun? Die ver.di-Bereichsleiterinnen Dr. Judith Kerschbaumer und Karin Schwendler moderierten und ergänzten die Reden und Diskussionen zu Rente und Care-Arbeit.
Rentenpaket: einzelne Verbesserungen, aber keine Armutsbekämpfung
„Armut, und damit auch Altersarmut, taucht im Koalitionsvertrag gar nicht auf!“, stellte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier fest. „Und wir alle hier wissen, dass das ein Thema ist, das leider immer noch vor allem Frauen betrifft. Das hängt auch mit der Sorgearbeit zusammen, die überwiegend Frauen übernehmen. Denn die Arbeit, die hier geleistet wird, überträgt sich leider nicht in eine gute Absicherung im Alter.“
Für Herbst hat die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD ein neues Rentenpaket angekündigt. Der Entwurf sieht unter anderem vor, das Rentenniveau bei 48 Prozent bis 2031 zu stabilisieren, mit einer „erweiterten Mütterrente“ ab 2027 eine Gleichbehandlung der Erziehungszeiten einzuführen und die sogenannte „Rente ab 63“ (eigentlich: Renten für langjährig und besonders langjährig Versicherte) beizubehalten.
Einheitliche Mütterrente und Rentenniveau
Besonders die Angleichung der Kindererziehungszeiten begrüßen ver.di und SoVD ausdrücklich. Zusammen mit anderen Organisationen haben sie lange dafür gekämpft. „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass für alle Kinder, egal wann sie geboren wurden, gleich viele Zeiten in der Rente anerkannt werden“, sagte Engelmeier.
Auch eine Haltelinie beim Rentenniveau fand Zustimmung. Doch SoVD und ver.di betonen, dass das Niveau auch nach 2031 stabil bleiben müsse, und fordern 53 statt 48 Prozent.
Die Politik müsse eine eigenständige Absicherung von Frauen voranbringen. Dazu seien etwa die Care-Arbeit gerechter zu verteilen, steuerliche Anreize zu geben, das Rentensystem zu stärken, die Grundrente zu verbessern und Betriebsrenten zu fördern. Und auch an Selbstständige müsse man denken – und an Alleinerziehende: Rund 80 Prozent sind Frauen.
Kritik gab es zudem an Instrumenten wie der „Aktivrente“ und „Frühstartrente“. Und ein Problem bleiben zum Beispiel Minijobs. „Darum fordern wir als SoVD eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro!“, betonte die Vorstandsvorsitzende.
Altersarmut ist weiblich – ein Thema auch schon für die Jugend
Neben Expertinnen von ver.di und SoVD waren Vertretende von Politik und anderen Verbänden zu Gast. So berichteten die beiden Parlamentarischen Staatssekretärinnen Kerstin Griese (SPD) aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Rentenpolitik und Mareike Wulf (CDU) aus dem Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) zur Care-Arbeit und beantworteten Rückfragen. An der Podiumsdiskussion nahm zudem Karsten Kassner vom Bundesforum Männer e. V. teil, und erstmals war die ver.di-Jugend vertreten und brachte lebhaft die junge Perspektive ein.
Die Konferenz war offen für Wortmeldungen aus dem Publikum. Sie fand hybrid statt: im Saal und per Live-Stream. So konnten Interessierte auch online teilnehmen und Fragen stellen.
Am Ende verabschiedeten die Teilnehmenden eine Erklärung. Sie fordern von der Politik Maßnahmen:
- Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit,
- Vermeidung von Altersarmut muss auf die politische Agenda,
- Elterngeld und Elternzeit für alle Familien,
- Unterstützung von pflegenden Angehörigen,
- Väterfreistellung nach der Geburt,
- rentenrechtliche Absicherung von Sorgearbeit,
- mehr betriebliche Altersversorgung für Frauen,
- öffentliche Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen,
- flächendeckender Ausbau der Ganztagskinderbetreuung.
Die Resolution „Zeit für politische Konsequenzen!“ im Wortlaut kann man hier herunterladen.